Leben in Israel - Uris Tagebuch

Uri Russak schreibt Persönliches. Er schreibt über Politik, angewandten Zionismus und über seine Freunde - Juden, Araber, Drusen, Christen in Israel und ausserhalb. Er selbst sieht sich als Realist, kann Exremisten jeder Art nicht ausstehen. In Israel wird er oft Linksextremist genannt, im Ausland, besonders in der Schweiz, wo er geboren wurde, wird er als Rechter beschimpft. Das gefällt ihm.

Name:
Standort: Zichron Ya'akov, Israel

Das Leben in Israel ist nie langweilig. Von vielen gehasst und von vielen respektiert ist unser Land das erfolgreichste Projekt seit dem zweiten Weltkrieg, was natürlich nicht von allen gern gehört wird aber dennoch stimmt. Ich lebe und atme dieses Land, kritisiere viel und bin täglich wieder beeindruckt über die Energie und die Kreativität der Israelis und ihrer ans Anarchische grenzende Demokratie. Ich bin Aktivist für Koexistenz mit den arabischen Mitbürgern, gelte hier als politisch Linker, während ich in der Schweiz, wo mein Zielpublikum mehrheitlich lebt, bei einigen als Rechtsextremist verschrien bin, womit ich ganz gut leben kann.

Dienstag, Mai 22, 2007

Die langsame Wendung in den arabischen Medien

17.5.2007 Als Intro (das ist ein im Jazz gebrauchter Ausdruck für „Einführung“, d.h. die ersten Takte eines Stücks) biete ich an dieser Stelle den wenigen nicht Tachles lesenden Tagebuchfreunden den Link an, in dem Vreni Müller-Hemmi den GSI-Reisebericht des Tachles (siehe auch meinen eigenen Bericht vom 14.4.2007) veröffentlicht. Man beachte bitte den Teil über den Besuch „meiner“ Galerie in Umm El-Fahm.
Gelegentlich habe ich über Stellungsnahmen und Artikel aus arabischen Medien berichtet, die, statt Hass heute Vernunft und Verständigung predigen. Ich sah diese Artikel as seltene Ausnahmen aus der arabischen Welt, deren Autoren allerdings im Westen leben. Diese Sicht stimmt nicht mehr, vermehrt lese ich Aufrufe und bewundernde Erklärungen über die wirtschaftlichen und sozialen Erfolge des Westen und ganz besonders Israels aus arabischer Feder. Es wird empfohlen, die Eigenschaften Israels nachzuahmen und sich statt auf Krieg, Hass, Terror und Neid zu konzentrieren, endlich einmal die arabische Gesellschaft aus ihren sozialen und religiösen Zwängen zu befreien, damit sie den Anschluss an den Rest der Welt nicht noch weiter verpasse und sich der fatale Abstand nicht noch weiter wachse. Es erwächst ein faszinierendes Bild von Intellektuellen, die, selbstverständlich im Auftrag ihrer Regierungen (ohne die in der totalitären arabischen Welt solches nie geschehen würde), sachte versuchen die arabische Welt des Hasses, der Gewalt, der Erfolglosigkeit, des Neides und religiösem Terror aus dieser Situation herauszuführen. Auch das ist ein Resultat der iranischen Bedrohung der arabisch-sunnitischen Welt, die von den Regierungen angstvoll wahrgenommen wird und zu hektischen Friedensouvertüren an Israel geführt hat. Wer sich noch immer ziert, statt die Ernsthaftigkeit arabischer Friedensabsichten zu testen, ist unsere wundervolle Regierung.
Hier drei Beispiele von zu positiveren Ansichten „mutierten“ arabischen Publizisten:
1. Im Daily Star aus Beirut (1.5.2007) schreibt Ziad Asali unter der Überschrift „Den Anderen in Palästina akzeptieren“. Ein Zionist ist er nicht, doch weiss er die kulturellen und politischen Unterschiede zwischen Israel und arabischen Staaten zu schätzen. Er erinnert sich an den Chirurgieprofessoren Dr. Abdel-Latif Yashruti, einem Flüchtling aus Haifa, der ihm, dem mit Schlagworten herumwerfenden arabischen Nationalisten sagte: „Schauen sie, ich verliess Haifa einmal und lebte in vielen anderen Orten, aber hier [Beirut] lebe ich gerne. Ich will nicht wieder Flüchtling werden“. Das war im Juni 1967, was aus dem Professor geworden ist, schreibt er nicht. Heute schreibt Ziad Asali, der Professor habe schon in 1967 verstanden, was er, Asali, erst heute erfasst habe.
Asali akzeptiert den Sieg Israels über seine Angreifer in 1948 und seine Sicht der Dinge wurde nach dem Sechstagekrieg in 1967 weiter vertieft. Er anerkennt den palästinensischen Widerstand gegen die israelische Besetzung, jedoch nur in legitimer Form, nicht in seinen, wie er schreibt, zutiefst illegitimen Perversion. Darunter verstehe ich Morde und Massenmorde ziviler Personen in den besetzten Gebieten und Israel selbst. Asali schreibt, dass die Palästinenser der besetzten Gebiete nicht verschwinden werden, eine Aussage, die ich in umgekehrter Form, früher öfter als heute, hörte: Wir Araber müssen mit den Juden zusammen leben, weil sie nicht verschwinden werden. Unter dem Strich ist das dieselbe Aussage mit identischem Ziel.
2. Unter dem Titel „Das Recht zur Rückkehr ist eine Illusion“ argumentiert der Saudi Kolumnist Yousef Nasser Al-Sweidan in der kuwaitischen Tageszeitung Al-Siyassa (5.3.2007) das Recht auf Rückkehr sei eine Idee, die nicht verwirklicht werden kann. Es sei absolut klar, dass die Entwurzelung der Nachkommen der Flüchtlinge aus ihren gegenwärtigen Heimatländern eine Utopie und ein klares Rezept zu Anarchie sei. Noch wichtiger ist seine Einsicht, dass diese Rückkehr eine grobe Verletzung von Israels Recht ist, ein eigenständiger Staat zu sein. Für Al-Sweidan ist das Flüchtlingsproblem das klare Resultat kumulierter Fehler der Länder, in den diese Flüchtlinge heute leben. Sie würden die Flüchtlinge isoliert in heruntergekommenen Lagern gehalten, in denen die grundlegendsten Bedingungen für ein Leben in Würde fehlen. Statt sie zu integrieren, werden sie isoliert. Sie seien von den Regierenden dieser Länder zu zwischenarabischen Abrechnungen missbraucht worden. In seinem zweiten Beitrag in dieser Zeitung (16.3.2007) findet er, dass diese Flüchtlinge nicht weitere sechzig Jahre im Elend verbringen dürfen. Sie müssten in ihren heutigen Heimatländern naturalisiert und integriert werden.
Al-Siyassa meint, dass die Behandlung religiöser Minderheiten in Saudi Arabien eine Schande für das Land sei. Man könne dazu nicht ohne schlechtes Gewissen schweigen. Ein Schiite, ein Ahmadi, andere Muslime, Christen oder Buddhisten erhalten unter den Gesetzen Israels weit mehr Schutz, als in Saudiarabien. Israel als Benchmark progressiver Araber!
3. Am 1. Januar 2007, drei Jahre nach Erscheinen der neuen arabischen Ausgabe der „Die Protokolle der Weisen von Zion“, diesem Prunkstück antisemitischer Lügenkunst, meldete sich der Grossmufti von Ägypten Dr. Ali Gomaa in der Tageszeitung „Al-Ahram“. Auf der Seite „Religiöse Gedanken“ (S. 13) schrieb distanziert er sich kategorisch davon, er habe das Vorwort zu diesem Buch geschrieben. Er nennt das Machwerk eine Fiktion, dessen Inhalt kein wahres Wort enthalte. Er könne sich nicht erinnern, so etwas getan zu haben, er habe erst später erfahren, dass jemand mit demselben Namen, Ali Gomaa, dies getan haben müsse. Er könne sich erinnern mit Dr. Abd al-Wahab al-Masiri, einem Fachmann für jüdische Studien, gesprochen zu haben, um zu beweisen, dass dieses Dokument oder Buch, keinerlei Wahrheit in sich habe – etwas, das er schon seit langem wisse. Nach Durchlesen dieses in schlechter Sprache geschriebenen Vorwortes habe er realisiert, dass er das Opfer einer kriminellen Tat geworden war, in dem in seinem Namen Lügen verbreitet worden seien. Er habe dem Verlag einen Brief geschrieben und verlangt, das Buch mit „seinem“ Vorwort zurückzuziehen und es ohne seinen Namen neu zu drucken. (!)
Zwar glaube ich kein Wort dieser umfassenden aber nicht sehr überzeugenden Darstellung und bin überzeugt davon, dass der Grossmufti einen Befehlt von „oben“ erhalten hat, sich öffentlich zu mässigen, weil es eben momentan nicht opportun sei, seinen Judenhass an die grosse Glocke zu hängen. Auch hier denke ich, dass sich die Mächtigen der arabischen Welt grosse Mühe geben, ihr antijüdisches Image zu verbessern und Israel den Eindruck zu vermitteln, sei seien wirklich bereit, mit ihm ein nachbarliches Verhältnis zu beginnen, das man in Deutsch am besten als „Friede Freude Eierkuchen“ bezeichnet.
Nur so nebenbei noch etwas nettes von Ali Gomaa: Scheich Ali Gomaa ist der oberste ägyptische Mufti. Als solcher hat er in einer Fatwa festgehalten, dass Frauen keine Leitungsfunktionen übernehmen dürfen. Frauen dürfen gemäß dieser Fatwa nicht Staatspräsidentin oder Ministerpräsidentin werden. Das verstösst angeblich gegen islamisches Gesetz. Immerhin: Frauen dürfen "einfache" Abgeordnete in einem Parlament werden - sofern es der Gatte gestattet und sofern sie es mit ihren Haushaltspflichten vereinbaren können. (Quelle: Daily Times 28. Januar und IOL 27. Januar 2007).

Samstag, Mai 05, 2007

Was es zu einem netten Frieden braucht

5.5.2007

Für den sich für Geschichte interessierenden Tagebuchleser gibt es einen deutschen Dokumentarfilm über die Hintergründe des modernen arabischen Antisemitismus(http://www.dailymotion.com/video/xga04_mufti-hitler-1), der sich auch heute als Weiterführung des Antisemitismus und als Erbe der Nazis betrachtet. Der Film ist es wert angesehen zu werden, er zeigt wie wenig es dem Jerusalemer Mufti jener Zeit (Hadj Amin al Husseini) an gutem antisemitischem Willen fehlte. Dass er die Früchte seines Einsatzes für die Sache Adolf Hitlers nicht mehr erleben durfte, wird ihn noch im Grabe ärgern. Hat er doch einen talentierten Nachfolger mit Namen Ahmedinejad in Iran, der sich heute statt ihm bemüht und sich als Adolfs Erbe betrachtet.
Dabei stellt sich die Frage, was die Urheber der gegenwärtigen arabischen Friedensaktion, einer positiven Entwicklung, mit dem schlussendlich von ihnen bisher vertretenen blutrünstigen Antisemitismus zu tun gedenken, denn irgendwie geht in meinen Augen die Rechnung nicht auf. Wie können sie Frieden mit Israel und seinen Juden wollen, wenn sie nicht vorher ihrem in Schulen, den Medien und in der Öffentlichkeit vertretenen Judenhass abschwören und sich als glaubhafte Partner für ein wirklich normales Zusammenleben als Nachbarn, be- und erweisen? Damit will ich keineswegs dem Olmert und seinen Mannen und Frouen, eine weitere Ausrede zum Nichtstun verschaffen. Eigentlich sollte Olmert ja abtreten, nach dem äusserst nachdrücklichen Gingg in den Hintern durch die Winograd Kommission und die riesige Demonstration vor zwei Tagen in Tel Aviv, braucht er nicht einmal mehr eine Ausrede, er könnte einfach gehen. Doch er oder wer immer nach ihm kommt, sollte mein Argument in diese Verhandlungen einbringen, denn der schönste Frieden taugt nichts, wenn die eine Seite die andere aus tiefstem Herzen hasst.

Meinungen

24.4.2007

Ich bin zurzeit in Diskussionen verwickelt. Es geht um Israels Besetzung der Westbank – den Gazastreifen sind wir ja dank Arik Scharon losgeworden – und das Verhalten dort, besonders im Zusammenhang mit Strassensperren und der „Mauer“, wie der Sicherheitszaun, zu 94% aus Draht bestehend, genannt wird. Bevor ich mich in diesem Tagebucheintrag darüber auslasse, finde ich es richtig, meine Stellung zum Thema Besetzung seit 1967 ein für alle Mal zu präsentieren, obwohl das eigentlich für meine lesenden Freunde unnötig sein sollte. Sie wissen, was ich denke.
1. Ich bin der Meinung, dass wir in der Westbank nichts zu suchen haben. Nach dem Sechstagekrieg wurde die Westbank wie auch Gaza, als Pfand für Frieden betrachtet, bis Rabbiner Levinger im Dezember 1975 in Sebastia bei Hebron, mit Tricks und Lügen die in diese Sache schwache israelische Regierung und die Armee hinters Licht führte und den Grundstein für das Siedlerwesen (oder Unwesen) legte. Heute sollen bereit 400'000 jüdische Siedler in der Westbank leben, die offizielle Zahl ist etwa 250'000.
2. Ich bin der Meinung, dass der Sicherheitszaun eine Notwendigkeit ist, der statistisch bewiesen eine Menge israelischer Leben gerettet hat. Seit er besteht sind Terrorattentate ganz selten geworden. So lange bis nicht ein verlässlicher Frieden mit Israels Nachbarn besteht, wird dieser Zaun bestehen bleiben. Dass er nicht auf der Grünen Linie geführt wurde, ist ein Schönheitsfehler, der korrigiert werden muss und zum Teil schon korrigiert worden ist. Der Verlauf des Zaunes ist jedoch weit weniger wichtig, wie das Retten menschlichen Lebens vor palästinensischem Terror.
3. Ich bin der Meinung, dass die meisten, wenn nicht sogar alle Strassensperren in der Westbank heute überflüssig sind. Es gibt genügend unbewachte Strassen und Wege für Fahrzeuge und Fussgänger, die Palästinensern ermöglichen, ihr Ziel unkontrolliert zu erreichen. Alle Betroffenen wissen das, sie werden und wurden von der Presse fotografiert. Deshalb sind diese Strassensperren heute nichts anderes als ein bewusstes Schikanieren palästinensischer Zivilisten. Je nach Charakter oder ideologischer Überzeugung der einzelnen Offiziere und Soldaten, kann das gemäss Vorschrift geschehen oder Einzelne lassen ihren lädierten Charakter walten. Wir wissen, dass seit sehr langer Zeit in der Westbank keine Terroristen in Strassensperren erwischt worden sind. Die Tatsache, dass es noch immer zu langen Schlangen vor diesen Kontrollposten kommt, hat mit der politischen Lethargie der palästinensischen Bevölkerung zu tun, die auch bei vielen israelischen Arabern im politischen Leben zu beobachten ist. Israels Armee kann froh sein, dass es in der palästinensischen und arabischen Welt keinen Gandhi gibt, der die Menschen überredet, Konflikte prinzipiell gewaltlos zu lösen. Man stelle sich vor, wie einige hundert palästinensische Zivilisten als Gruppe singend auf eine Strassensperre zugehen würden, mit dem Ziel diese ohne Gewalt und friedlich zu durchqueren. Würden israelische Soldaten auf Kinder, Frauen und andere Zivilisten schiessen? Ich bin überzeugt, dass sie es nicht tun könnten, nicht tun würden. Ich wäre froh, mich hier zu irren, aber Gandhis gibt es in der arabischen Gesellschaft nicht, einer Gesellschaft in der Lethargie oder extreme Gewaltbereitschaft die Norm sind.
4. Israels gegenwärtige Regierung ist, obwohl es einige gute Leute darunter hat, als Gesamtes gesehen eine völlige Katastrophe. Olmert und Peretz hätten nach dem Misserfolg des zweiten Libanonkrieges sofort zurücktreten müssen, doch fehlt ihnen dazu das demokratische Verständnis und der Sinn für persönliche Verantwortung. Der iranischen Bedrohung der arabischen Welt (dazu gehören wir wenigsten gemäss klar verkündeten iranischen Absichten) haben wir zu verdanken, dass arabische Regierungen einzulenken scheinen und Israel Friedensverhandlungen anbieten. Ein ungeheurer Wandel seit den drei Neins von Khartum vor vierzig Jahren, mit seinen „keine Anerkennung, keine Verhandlungen, keinen Frieden“ mit Israel. Obwohl Olmert nach einem Kick in den Hintern aus den USA und Europa, äusserst zögerlich und mit Ausflüchten und Vorbedingungen reagiert. Ich denke, dass noch nie seit Staatsgründung, Israel so nahe war, mit der arabischen Welt ins Gespräch über Frieden, Normalisierung und schlussendlich gemeinsamer Stellung gegenüber der iranischen Bedrohung zu kommen. Es scheint, dass das für Israel abschreckende Thema der Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge kein Stolperstein zu sein braucht, denn vor kurzem ist eine saudische Stellungnahme, ganz im Sinne Israels, durch Memri der nichtarabischen Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden, in dem die bisherige Sicht der ausschliesslichen Schuld Israels an diesem Drama mehr als nur relativiert wird. Da es in der arabischen Welt keine eigentliche Pressefreiheit gibt, bin ich überzeugt, dass dieser Artikel mit behördlicher Bewilligung und Unterstützung publiziert worden ist. Auch deshalb ist zu hoffen, dass unser famoser Premierminister, die ausgestreckte arabische Hand ergreift und ohne Vorbedingungen zu Gesprächen bereit sein wird. Sesselkleben und Angst haben machen keinen Staatsmann. Durch eine wirkliche Auseinandersetzung mit dem Verhandlungsangebot der Araber, unter Führung Saudi Arabiens und ernsthaften Gesprächen könnte, entgegen bisherigen Erwartungen, aus Olmert vielleicht doch noch ein richtiger Premierminister werden.
Meine Diskussion, am Anfang dieses Tagebucheintrages erwähnt, findet mit einem Freund statt, der sich auf einzelne nicht immer schöne Phänomene der israelischen Politik in den besetzten Gebieten konzentriert und darüber die Sicht fürs Ganze und die Sicht auf die Hintergründe israelischen Tuns verloren hat. Das sind die Strassensperren und der Sicherheitszaun, der Israel vor Terroristen schützt. Die Damen der „Machsom Watch“, die täglich an den Strassensperren das Geschehen beobachten, berichten und manchmal sogar helfend eingreifen, tun das nicht nur aus humanitären Gründen, sondern weil sie gegen die Besetzung der Westbank und gegen das beherrschen eines anderen Volkes durch Israel sind. Dafür verdienen sie viel Respekt. Aber auch sie wissen warum diese Strassensperren erstellt worden sind und sie wissen inzwischen auch, dass diese Strassensperren, wie ich weiter oben schrieb, zum grössten Teil Ihrer Aufgabe entwachsen sind. Viele wissen es, nur die israelische Regierung hat das noch nicht begriffen. Ganz allgemein befremdet mich zu sehen, wie sich Aussenstehende auf irgendeinen Schwachpunkt Israels stürzen und versteifen, als ob er sämtliche und zum grössten Teil beträchtliche Leistungen des Staates Israel repräsentieren würde.

Lügen

20.4.2007

Eine der grundsätzlichen Lügen, die von Palästinafans in Umlauf gebracht werden, ist, dass der palästinensische Terror gegen Israel und Juden ausschliesslich Widerstand gegen die Besetzung der Westbank und Gaza sei. Aus Gaza ist Israel abgezogen, in der Westbank ist es noch drin – ich würde auch dort den Abzug begrüssen – aber die Besetzung als Grund für Terrorismus ist nur vorgeschoben. Terror ist eine Reaktion zur Existenz Israels, das, was von einer wachsenden Zahl meist unbeteiligter ausgesprochen wird, kein Existenzrecht habe. Anderen Begründungen sind nicht nur Augenwischerei, sondern ganz einfach erlogen und dienen als Vorwand. Es stimmt, dass Golda Meir vor gut dreissig Jahren das Existieren eines palästinensischen Volkes nicht zur Kenntnis nehmen wollte, aber wir Israelis haben inzwischen gelernt, dass sich die Araber auf dem Boden des alten türkischen und später englischen Palästinas als die heutigen Palästinenser sehen. Damit wollen wir uns abfinden und diese Identität akzeptieren. Denn alles ändert sich, anscheinend sogar arabische Identität. Die grosse Mehrheit der Israelis begrüssen einen palästinensischen Nachbarstaat, sobald palästinensische Führer wirklich in Frieden neben uns leben wollen, aber solange wir daran zweifeln müssen, wird sich nichts am Status Quo ändern. Was die Welt bisher aus mangelnder Empathie oder aus ideologischen Gründen nicht zur Kenntnis nimmt, ist die Tatsache, dass es für Israel vor allem um eine existenzielle Frage geht – es ist Israel, dem Chancen zugemutet werden, für die nur es selbst und seine Bürger das Risiko zu tragen hätten. Chancen müssen genutzt und Möglichkeiten erkannt werden, doch das Risiko muss von Israel eingeschätzt werden, welches allein die Folgen zu tragen hat. Dass es daneben auch extrem nationalistische Juden gibt, die für das Vereinnahmen der besetzten Gebiete der Westbank und früher auch Gaza, auf die Barrikaden steigen und unangenehm auffallen, gebe ich zu, doch lässt sich dieser israelische Nationalismus mit dem öffentlichen palästinensischen Durst auf jüdisches Blut und seiner von oben gelenkten Erziehung zum Judenhass nicht vergleichen. Immer wieder muss betont werden, dass ohne die drei Neins aus Khartum (Teil 7) nach dem Sechstagekrieg in 1967 die Situation der Besetzung schon vor Jahrzehnten ein Ende gefunden hätte. Doch für jedes Abkommen braucht es einen Partner, denn es gemäss dieser drei Neins von Khartum erklärtermassen damals nicht gab.
Eine relativ neue historische Lüge ist die Behauptung, Juden hätten keinerlei historische Verbindung zu Palästina oder wie es in der jüdischen Tradition genannt wird „Erez Israel“ (das biblische Land Israel). Das Ziel ist die Delegitimierung des Staates Israel durch das Leugnen der Geschichte des jüdischen Volkes. Auch diese Lüge fliegt jeder historischen Tatsache ins Gesicht. Ohne die Bibel herbei ziehen zu wollen (denn da würde „Glaube“ Wissen und Fakten ersetzen), hat die seit etwa 900 vor unserer Zeitrechnung archäologisch dokumentierte historische Tatsachen produziert, welche die jüdische Geschichte in Palästina (ich schreibe bewusst nicht Israel, da die Grenzen Erez Israels mit dem heutigen Staat nie identisch waren, mal waren sie weiter, mal enger gezogen, mal gab es zwei Königreiche) wissenschaftlich nachweisen. Zu dieser historischen Lüge gehören auch amüsante Behauptungen wie Araber seien vor den Juden im Lande gewesen oder gar der Islam sei weit älter als das Judentum. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, das ist schön, aber im vorliegenden Fall sind diese einfältigen aber bösartigen Lügen für das gesamte Judentum und auch das Christentum gefährlich, denn es wird versucht ihnen den geschichtlichen Boden unter den Füssen wegzuziehen. Neben geschichtlichen Fakten, ist die enge Verwandtschaft der arabischen und hebräischen Sprache ein weiterer Beweis für die mittelöstliche semitische Herkunft des jüdischen Volkes, wie auch die Tatsache, dass auch nach der Zerstörung des Zweiten Tempels und der Vertreibung der Juden durch die Römer, das Land trotzdem weiter bis heute durch Juden bewohnt war. Arabischer Judenhass macht vor nichts halt, doch es sind heute verschiedene Stellungsnahmen zu finden, in denen Muslime sich davon distanzieren. Das Ganze ist dem Leugnen des Holocaust verwandt und wurde, so könnte man annehmen, davon inspiriert. Das war und ist nicht immer so. Auch weil im Koran steht
”Und wir sprachen nach seiner Vernichtung zu den Kindern Israel: Bewohnet das Land, und wenn die Verheißung des Jenseits eintrifft, dann werden wir euch herzubringen in bunten Haufen.” Sure 17, 104 (Reclam)
ist der prominente Scheich Imam Prof. Hadi Palazzi ein überzeugter Zionist. Nun kann man im Koran wie in der Bibel alles finden, das man finden will, auch das Gegenteil der oben genannten Sure. Trotzdem, König Faisal I, der erste König von Irak (1921-1933) und Freund von Chaim Weizman, sagte:
„Warum sollen wir den Juden umarmen? Weil wir, als Muslime, für Gerechtigkeit stehen. Wir sind grundsätzlich gegen Kollektivschuld. Juden sind nicht unsere Feinde. Dazu kommt, als ein Volk das überall in der Welt angegriffen wird, Muslime besonders empfindlich sein müssen, nicht in die Falle der Ignoranz und Bigotterie zu fallen.“ Dieser Ausspruch ist nun in die Jahre gekommen. Er könnte übrigens sinngemäss auch für einige Christen auch heute gültig sein. Und für einige Juden auch.
Noch eine schöne Lüge: das Massaker von Jenin in 2002. Bis heute hält sich die Lüge über die über fünftausend toten Palästinenser, die Israels Armee damals in einer Abwehrmassnahme gegen Terroristen verursacht haben soll. Bewiesen ist, dass es dabei 53 Tote gegeben hat, die Hälfte davon israelische Soldaten, fast der gesamte Rest Terroristen. Doch bis heute pilgern Gruppen nach Jenin um ihr Mitgefühl mit dieser Stadt zu bekunden und um die fiktiven Fünftausend Opfer zu trauern. Sie lassen sich ihre ideologischen Fixierungen nicht durch Wahrheit oder gar Tatsachen zerstören.

Dies und das

18.4.2007

Ariel Sharon hat es halt gewusst
In Amerika gibt es eine jüdische Zeitung mit dem Namen „Forward“. Sie ist der jüngere Bruder der uralten, in 1897 gegründeten jiddischen Zeitung “Forverts“ (Vorwärts), die auch heute noch erscheint. Forward wird in vielen israelischen Zeitungen zitiert und ich glaube, dass auch im Tachles gelegentliche Artikel daraus ins Deutsche übersetzt erscheinen. Was auch immer, vor wenigen Tagen erschien im Forward ein Artikel von Yossi Alpher mit dem Titel „Sharon warnte Bush“. Darin wird beschrieben, wie Ariel Sharon in den Wochen vor März 2003 George W. Bush privat mit klaren Worten erklärte, was er über Bushs Kriegspläne im Irak halte. Es war eine freundliche aber eindeutige Warnung. Sharon glaubte zwar zu jener Zeit auch, dass Saddam Hussein eine Bedrohung für den Mittleren Osten darstelle und Massenvernichtungswaffen besitze. Gemäss Danny Ayalon, dem damaligen Botschafter Israels in Washington, sagte der Sharon dem Bush, dass, wenn er schon Irak besetzen wolle, er wenigstens davon absehe, dort eine Demokratie zu implantieren. „Traditionell und kulturell bedingt, sei die arabische Welt nicht für eine Demokratisierung gebaut“, habe er gesagt. Politisch korrekt gelesen ist diese Behauptung rassistisch, doch wenn wir ehrlich sein wollen und diese arabische Welt bis heute betrachten, schleckt keine Geiss den Eindruck weg, dass Sharon recht hatte.
Erster Preis für eine Entführung
In Gaza wurde vor kurzem ein BBC-Journalist entführt. Nicht von Israel, sondern von einer Gruppe palästinensischer Freiheitskämpfer oder was dafür gehalten wird. Parallel dazu hat die britische Nationale Journalisten Union ihre Regierung aufgefordert Israel und seine Handelsgüter mit einem Boykott zu belegen. Es geht auch das Gerücht um, der Zeitungsmann sei exekutiert worden. Wie wird sich die britische Presse für die nächste Entführung revanchieren?
Wie man seine Frau religiös korrekt prügelt
Von Ruben habe ich einen Kurzfilm aus dem arabischen Fernsehen erhalten, der es in sich hat. Wir Männer werden belehrt, wie wir unsere Frauen zu schlagen haben – so im Sinne Allahs, der das so wolle. Diese kurze Lektion vom Bahraini Kleriker Scheich Abdullah Latif Al Mahmoud belehrt uns Männer wie, wo, warum und vor wem man seine Frau schlagen soll. Man darf es nicht vor den Kinder tun, nur wenn der Mann mit der Frau allein ist (also ohne Zeugen), die Frau darf nicht bluten, es sollten auch keine Knochen gebrochen werden – das sind einige der Regeln. Es steht aber auch, dass falls die Frau ihrem Mann verzeihe, von Allah nicht erwartet werden soll, am Tage des Letzten Gerichts dasselbe zu tun. Allah kennt seine Pappenheimer. Dieses interessante Erziehungsmaterial wurde von MEMRI vermittelt. Es wundert mich immer wieder, warum unsere progressiven Schwestern der Israel hassenden Variante im freien Westen, sich nicht für Menschenrechte arabischer Frauen einsetzen, denn das Problem ist allen bekannt, es gibt reiche Literatur darüber und bezieht sich nicht nur auf Schläge. Fairerweise muss festgestellt werden, dass auch in der freien westlichen Gesellschaft Frauen geprügelt werden – aber noch habe ich kein modernes Handbuch dafür von Pfarrern, Priestern und Rabbinern zum Thema gefunden.
Lassen wir uns nicht zu jüdischen Hysterien hinreissen
Wieder einmal liessen wir uns zu einer entsetzten Reaktion hinreissen, als berichtet wurde, dass in Grossbritanniens Schulen das Thema Holocaust vom Schulplan abgesetzt worden sei, weil es muslimische Schüler beleidigen könnte. Dass Muslime heute sich wegen jeder Kleinigkeit als beleidigte Leberwürste aufführen und andere deswegen bedrohen, ist Teil des heutigen Lebens. Aber in diesem Fall war die Behauptung unwahr! Sie wurde von der englischen Presse, in ihrer Hast eine Schlagzeile zu haben, ohne näheres Hinsehen und ohne zu hinterfragen veröffentlicht. Wer mehr darüber wissen will, hier der Link.
Es war die Geschichtsabteilung einer einzigen Schule, die aus Furcht vor muslimischen Schülern und der muslimischen Gesellschaft das Thema Holocaust vom Lehrplan absetzte. Ähnliches geschah in einer anderen Geschichtsklasse, in der das Thema Kreuzzüge abgesetzt worden war – aus genau gleichen Gründen. Das ist wahr!
Das Erziehungsministerium gab schon im Januar 2007 bekannt, dass im nationalen Lehrplan alle wichtigen historischen Ereignisse enthalten sein müssen, der Holocaust gehöre zwingend dazu und keine Schule sei berechtigt, dieses Thema fallen zu lassen.
Wir Juden müssen aufpassen, nicht ins Fahrwasser der muslimischen Reaktionen zu geraten, die jeden Mist, meist imaginär oder dann mutwillig missverstanden, gewalttätig anvisieren und Fakten prinzipiell nicht zur Kenntnis nehmen. Schon schrieben jüdische Hysteriker unreflektiert über das Thema Holocaust, das aus dem nationalen Schulplan verbannt worden sei. Jüdische Stellungsnahmen müssen sich von muslimischer Hysterie total abheben – lieber schweigen, als auf offensichtlichen Unsinn hereinzufallen und sich als Faktenverdreher einen schlechten Namen zu schaffen.